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Nation: | Dänemark |
von Patrick Ledderose
Stand: 15.10.2023
Die auf Grönland und in Kopenhagen aufgewachsene Naja Marie Aidt gehört zweifellos zu den wichtigsten dänischen Schriftstellerinnen ihrer Generation. Seit ihren ersten veröffentlichten Texten gilt sie als typische Vertreterin einer alltagsrealistischen und minimalistischen Literatur, wie sie in Dänemark in den 1990er Jahren auch von anderen Autorinnen, wie Helle Helle, Christina Hesselholdt oder Solvej Balle, vorangetrieben wird. Als literarische Vorbilder nennt die Kritik Vita Andersen oder Tove Ditlevsen. Aidt selbst dagegen hebt 2022 in einer Rede anlässlich der Preisverleihung der Schwedischen Akademie die ungarisch-schweizerische Schriftstellerin Ágota Kristóf als wichtigen Einfluss hervor.
Die meisten von Aidts Texten zeichnen sich durch eine produktive Spannung zwischen dem durch die sozialen Normen bestimmten banalen Alltagslebens und psychischen Ausnahmezuständen und Krisen aus. Letztere gären in Form von verdrängten Ängsten und Problemen im Leben der Figuren gerne lange Zeit unter der Oberfläche, um dann plötzlich, oft in brutalen und mitunter regelrecht grotesk anmutenden Szenen, hervorzubrechen. Häufig genügt ein falscher Satz, eine vorschnelle, aber im Rückblick fatale Entscheidung, eine kurze Abweichung von Gewohnheiten, und das Leben der zumeist aus der Mittelschicht stammenden Figuren, ihre ...