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Nation: | Österreich |
von Ralf Georg Czapla
Stand: 01.06.2010
„Krankheit, Männer, Schreiben“ hat Evelyn Schlag in einem Interview aus dem Jahre 1995 als zentrale Themen ihrer Erzählungen und Gedichte bezeichnet und damit unbewusst jenen Kritikern Vorschub geleistet, die ihre Texte vorschnell den Kategorien ‚Feministische Literatur‘, ‚Frauenliteratur‘ oder ‚weibliches Schreiben‘ zuordnen wollten, Kategorien, die sich in der Literaturwissenschaft zwar inzwischen etabliert haben, deren Aussagewert aber insofern begrenzt ist, als sie lediglich die Geschlechtsspezifik von Literatur in den Blick nehmen, nicht aber deren Ästhetizität. Auch mit der Formel ‚zwischenmenschliche Beziehungen‘ lässt sich der Lebensbereich, den die Autorin in ihren Texten thematisiert, nur unzureichend bestimmen. Selbstverwirklichung zwischen Anpassung und Emanzipation, Freiheit trotz emotionaler Hinwendung an ein Gegenüber, die Erfahrung von Krankheit als Bedrohung wie auch als Herausforderung – in diesem Spannungsfeld bewegen sich die zumeist weiblichen Protagonisten ihrer Texte, die ihre psychologische Grundierung häufig in autobiografischen Erfahrungen der Autorin finden.
In Schlags literarischem Debüt, der Erzählung „Nachhilfe“ (1981), zeichnen die 35-jährige, nicht erwerbstätige Hausfrau Marianne N. und der 27 Jahre alte Student Stefan Metznik, der Mariannes Zwillingskindern Nachhilfeunterricht erteilt, die Geschichte ihrer Beziehung auf, die von einem fiktiven Erzähler reflektiert und kommentiert ...