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Nation: | Österreich |
von Elin Nesje Vestli, Høgskolen i Østfold, 1757 Halden, Norwegen
Stand: 01.03.2014
Im Zentrum von Melitta Brezniks literarischem Werk stehen fragmentarische Familiengeschichten: lückenhaftes Wissen von den Lebensläufen der Eltern und Großeltern, Familiengeheimnisse und rätselhafte Erinnerungsobjekte. Die Leerstellen der Familiengeschichte regen die Protagonistinnen, in der Regel Ich-Erzählerinnen und Ärztinnen, zu einer Spurensuche an, die sich in einer verschachtelten Erzählstrategie, in einigen Texten in einer poetologischen Metaebene, widerspiegelt. Das Nachdenken über die eigene Familiengeschichte verbindet Vergangenheit und Gegenwart, ist innerhalb historischer Eckdaten des 20. Jahrhunderts kontextualisiert und bezieht sich kritisch auf das öffentliche Tradieren von Geschichte. Vor allem aber steht der familiale Umgang mit Geschichte, nämlich als (Ver-)Schweigen, im Vordergrund. Die Spurensuche ist ebenfalls Teil einer Identitätsvergewisserung, einer Situierung des eigenen Ichs in einem generationsübergreifenden Kontext. Damit steht Brezniks Werk im Schnittpunkt einer Richtung der Gegenwartsliteratur, die mit Begriffen wie „Väterliteratur“, „Generationsnarrative“ und „Erinnerungsdiskurse“ umrissen wird, in der das (Ver-)Schweigen und dessen langfristige, auch transgenerational übertragene Folgen thematisiert werden. Dabei fließt Brezniks langjährige Erfahrung als Psychiaterin in ihr Werk ein, etwa indem sie den Krankenhausalltag einbezieht, wie in „Nachtdienst“, „Figuren“ und „Das Umstellformat“, aber auch durch ihre nicht nur ...